Anlass zu diesem Beitrag war der Vortrag zu Grab und Grabmal des Grafen Ladislaus von Fraunberg zu Haag von Kunsthistoriker Dr. Gerald Dobler im Rahmen des Jahresprogramms des Wasserburger Geschichtsvereins (am 23.11.2015)
2016 jährt sich zum 450. Male der Tod des letzten Grafen von Haag aus dem Geschlecht der Fraunberger (um 1505-1566). Damit verbunden war auch der Untergang der reichsfreien Grafschaft als politisch eigenständiges Territorium, das zuletzt als evangelische Enklave eine Insel im umgebenden katholischen Territorium der Wittelsbacher bildete.
Der Vortrag beleuchtete die Geschichte des wenig bekannten Grabes des Grafen in der Pfarrkirche in Kirchdorf bei Haag, der ehemaligen Begräbniskirche der Grafen und Notablen der Grafschaft, und die seines prunkvollen Grabmals, das sich seit dem späten 19. Jahrhundert im Bayerischen Nationalmuseum in München befindet (Inventarnr. 6561).
„Graf Ladislaus –(…) ein tapferer Kriegsmann, aber seltsamen Kopfes“[1]
Ladislaus schlug eine Karriere beim Militär ein. Als Hauptmann der kaiserlichen Truppen Kaiser Karls V. wurde er im Krieg gegen König Franz I. von Frankreich gefangengenommen. Karl V. jedoch wollte das Lösegeld nicht zahlen, so dass ein erstes Loch in die fraunbergischen Finanzen gerissen wurde. Ladislaus überlief nach der Schlacht von Pavia ins gegnerische Lager und blieb bis 1529 in französischen Diensten.
In der Folge wurde Ladislaus von Karl geächtet und die Grafschaft Haag von diesem teilweise besetzt.
Zeitweise hielt sich Ladislaus in dieser Phase bei Werner von Zimmern auf, [2] dem zweiten Mann seiner Mutter,[3] bis er nach einer Zahlung von 6000 Gulden begnadigt wurde.
1540 heiratete er Maria Salome von Baden, Tochter des Markgrafen Ernst, welche von evangelischer Konfession war. Dies stellte offensichtlich kein Hindernis dar, im Gegenteil: Graf Ladislaus führte selbst in seiner Grafschaft die Reformation ein. Ab 1555 bestand dort Religionsfreiheit, Ladislaus konvertierte zwei Jahre später.
Daraufhin kam es 1557 zum Streit mit Albrecht V.. Dem Herzog war der eigenwillige Ladislaus mit seiner reichsfreien, reformierten Grafschaft offenbar ein Dorn im Auge – er ließ den Grafen in München gefangensetzen und erst gegen ein 25.000 Gulden hohes Lösegeld wieder frei.
1555 war auch das Todesjahr Maria Salomes, und die ‚Akquise’ der Nachfolgerin sollte Ladislaus‘ Niedergang bedeuten.
Er heiratete in Italien Aemilia Gräfin von Piis und Carpi, eigentlich eine gute Partie schon durch ihre Nähe zum Herzog von Ferrara (Nichte des Herzogs). Kurz nach der Hochzeit wurde jedoch seitens der Familie der Braut Streit vom Zaun gebrochen, der in einem Giftanschlag auf den Haager Grafen gipfelte. Aemilia wurde unter einem Vorwand in ein Kloster verbracht und Ladislaus musste ohne Braut und ohne dass er die Mitgift zurückfordern konnte, zurückkehren. Die Sache brachte außer den finanziellen auch weitere Schwierigkeiten mit sich, denn es war Ladislaus nicht möglich, die Ehe für ungültig erklären zu lassen. Dabei spielte sicher auch seine Konfession eine Rolle, die etwa ein Gesuch beim Papst relativ aussichtslos machte. Jedenfalls hinderte diese Situation Ladislaus daran, sich eine andere Ehefrau zu suchen und so eine Chance auf einen Nachfolger in der Grafschaft zu haben, da er ja offiziell verheiratet war. So starb er 1566 auch ohne legitimen Erben und die Grafschaft ging wie so viele andere Beispiele letztendlich in den Besitz der Wittelsbacher über.
(Nicht nur) der Konfessionswechsel Ladislaus’ legt eine Verbindung zu den Vorgängen um Ortenburg 1563 (sog. Ortenburger Adelsverschwörung) nahe, und zum führenden Kopf des bayerischen Luthertums Joachim von Ortenburg, sowie weiteren Vertreten wie Pankratz Freyberg von Hohenaschau oder Wolfgang von Maxlrain mit der Herrschaft Hohenwaldeck. Eindeutig nachweisbar wird die Verbindung Fraunberg – Ortenburg anhand des Grabmals, denn Joachim von Ortenburg war offiziell Auftraggeber desselben. Dazu war es durch sein Amt als Vormund bzw. Vertreter von Margarethe, der Schwester Ladislaus’, gekommen. (Diese Position gibt auch Hinweis auf die Umstände, die dazu führten, dass Joachim der Finder der Nibelungenhandschrift (Digitalisat) auf der Burg Prunn (siehe auch hier) war – denn diese war Teil des Fraunbergschen Besitzes. )
Offensichtlich in Tradition mittelalterlicher Hochgräber, hatte man sich, was die Gestaltung betrifft, jedoch das Neueste vom Neuesten ausgesucht, denn als Vorbild hatte man sich ein Exemplar aus dem 1563 erschienenen ‚Grabsteinbuch’ Vredeman de Vries’ ausgesucht:
Auch wenn es durch die Auftraggebersituation Probleme bei Ausführung und Bezahlung gab (etwa schrieb der Vertrag dem Bildhauer Hans Ernst vor, während der Arbeit am Grabmal keine anderen Aufträge anzunehmen, aus Geldmangel seitens der Auftraggeber kam es aber zu Verzögerungen) – in Ortenburg war man offenbar auf den Geschmack gekommen: die Grabmäler Joachims und besonders das seines Sohnes Anton sollten das Fraunbergsche noch mal in den Schatten stellen:
Das Grabmal Ladislaus’ kann im Bayerischen Nationalmuseum besichtigt werden. Die Anfertigung einer Replik, welche am originalen Ort aufgestellt werden soll, ist zudem im Gespräch. [2]
Nicht nur im Tode, sondern auch im Leben hat sich von Ladislaus eine Darstellung erhalten, die besondere Aufmerksamkeit verdient: das ganzfigurige Portrait des Grafen, angefertigt vom Münchner Hofmaler Hans Mielich, zählt zu den herausragenden Beispielen der Portraitkunst des 16. Jahrhunderts in Deutschland, ist durch die erschwerte Zugänglichkeit jedoch kaum bekannt. (Mielich fertigte u.a. auch Portraits des erwähnten Pankratz von Freyberg und dessen Ehefrau an. Da er der Reformation offensichtlich gewogen war, mag er sich beim Portrait Graf Ladislaus besonders bemüht haben.) Um dieses wird es, nach dieser Einführung in die Lebensumstände des Grafen als ‚Grundlage‘, im zweiten Teil des Beitrag gehen:
[1] Zöpf, Bernhard: Kurze Geschichte der ehemaligen Reichsgrafschaft Haag, München 1857, S.12.
[2] laut Vortrag Dr. Dobler
[3] Werner von Zimmern war zweiter Ehe ab 1524 verheiratet mit Amalia von Leuchtenberg († 1538), der Witwe Leonhards von Fraunberg zum Haag, Ladislaus’ Vater.
Literatur:
Greindl, Gabriele: Die Herren und Grafen von Fraunberg (Handbuch der Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Grafen und Herren, hg. von Werner Paravicini im Auftrag der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, bearb. von Jan Hirschbiegel, Anna Paulina Orlowska und Jörg Wettlaufer), Ostfildern 2011, S. 427-434. Auch für weiterführende Literaturangaben.
Greindl, Gabriele: Ladislaus von Fraunberg Graf zu Haag (1505-1566), in: Jahn, Wolfgang ; Hamm, Margot; Brockhoff Evamaria (Hg.): Adel in Bayern, Ausst. Kat. 2008, S. 97-98.
Hurwich, Judith J.: Noble Strategies: Marriage and Sexuality in the Zimmern Chronicle (= Sixteenth Centruy Studues & Essays 75) Kirksville 2006. https://books.google.de/books?id=YdYdCgAAQBAJ&lpg=PA174&ots=Q7ghQVAqsc&dq=noble%20strategies%20sex%20and%20marriage&hl=de&pg=PP3#v=onepage&q&f=false
Kemperdick, Stephan (Hg.): Das frühe Porträt. Aus den Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein und dem Kunstmuseum Basel, München 2006
Löcher, Kurt: Hans Mielich (1516 – 1573). Bildnismaler in München,
München [u.a.] 2002. Rezension: http://www.arthistoricum.net/kunstform/rezension/ausgabe/2003/1/3036/
Zöpf, Bernhard: Kurze Geschichte der ehemaligen Reichsgrafschaft Haag, München 1857. Digitalisat: http://bavarica.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10384658_00014.html
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MM