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Gedanken zur Burgenforschung in Bayern

Gedanken zur Burgenforschung in Bayern

Anlass zu selbigen war ein Seminar zur „Burgenforschung in Bayern“ im Sommersemester 2015, ausgerichtet in Kooperation des Historischen Seminars (Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften) und des Instituts für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie (Fakultät für Kulturwissenschaften) an der LMU München. Beim Thema Burgenforschung in Bayern klingt nach wie vor der Tenor der bereits 1990 von Joachim Zeune angeprangerten „Schreckensbilanz[1] durch, die er dann in seinem immer noch grundlegenden Text zu Burgen in Bayern der Salierzeit[2] noch einmal darlegte.

Diese Zusammenfassung der Lage, die leider zumindest zum damaligen Zeitpunkt zutreffend war, wurde von vielen nachfolgenden Publikationen aufgegriffen, wie z.B. bei Bachmann: „Lässt man den ‚momentanen Stand der bayerische Burgenforschung und den trostlosen Ausblick’ Revue passieren, bleibt dem Nichtarchäologen für die Erforschung der Frühzeit der Burgengeschichte eigentlich nur der Rückgriff auf die Bände der Kunstdenkmäler in Bayern und die Bände des Historischen Atlasses von Bayern, die Arbeiten zur Genealogie, Besitz- und politischen Geschichte einzelner Geschlechter sowie die weit zerstreute ortsgeschichtliche Literatur.“[3] Es scheint manchmal fast, als ob die jeweiligen Verfasser für eine bereits vorhandene ‚treffende’ Zusammenfassung dankbar waren, eigne Recherche blieb erspart und es konnte bald zum eigentlichen Thema, der zu untersuchenden Burganlage, übergegangen werden. Das bringt jedoch auch den Nachteil mit sich, dass kaum weiterführende Forschungsüber- oder gar ausblicke entstanden und der im Vergleich zu anderen Bundesländern so traurige Status der Burgenforschung in Bayern zu einer Schublade wurde, aus der zu entkommen mit der Zeit immer schwieriger zu werden scheint. Insgesamt wohl eher das Gegenteil der Intention hinter Zeunes Kritik.

Abhilfe können Interdisziplinarität und Fokussierung auf Zusammenarbeit der betreffenden einzelnen Instanzen schaffen. An dieser Stelle scheint es in Bayern tatsächlich zu hapern, denn im Einzelnen gäbe es teils umfassende Daten, die jedoch erst durch Vernetzung ihr volles Potential erreichen können. Aus eigener Erfahrung sei hier etwa der Bayernatlas [4] genannt, vormals Bayern Viewer, der eine Fülle von detaillierten Informationen beinhaltet, z.B. grundlegende geographische Daten, sowie Denkmallisten, Lagepläne, auch von Bodendenkmälern u.v.m., jedoch zum einen kaum bekannt ist und zum anderen dem Benutzer den Informationszugang durch verschachtelten Aufbau recht beschwerlich macht.

screenshot bayernatlas
Screenhot Bayernatlas, Auswahl „Schlösser“, URL: http://v.bayern.de/5NHsW, Zugriff: 9.12.2015.

Weiterhin sind z.B. die Findbücher der staatlichen Archive in Bayern online zugänglich[5], welche eine nicht zu unterschätzende Informationsquelle und Hilfe bei der Recherche bedeuten. Doch auch diese sind nur zu einem gewissen Grad sinnvoll durchsuchbar, etwa kann nicht nach Datierung sortiert werden. Diese Datenpools aber stehen für sich allein, wo eine Vernetzung untereinander einen immensen Gewinn an zusätzlicher Information und auch Erkenntnis bringen würde – wobei die Daten ja bereits vorhanden sind.

Hier lohnt sich ein Blick auf das Geschehen in vergleichbaren Bereichen in anderen Bundesländern: in Hessen z. B. wurde jüngst das neue Modul „Burgen, Schlösser, Herrenhäuser“ im Landesgeschichtlichen Informationssystem Hessen (LAGIS) des Landesamts für geschichtliche Landeskunde vorgestellt,[6] das ab 2016 online nutzbar sein wird und genau diese Datenverknüpfung leistet. (Nebenbei bemerkt ein Amt, das es in Bayern gar nicht gibt).

screenshot NÖ Burgenlexikon
Screenshot Burgendatenbank Niederösterreich, URL: http://www.imareal.sbg.ac.at/noe-burgen-online/, Zugriff: 9.12.2015

Außer Landes findet sich etwa in der Burgendatenbank für Niederösterreich [7] ein fundiertes und anschauliches Beispiel. Ein vergleichbares Werkzeug wäre auch für Bayern seit langem angebracht – das Projekt „Burgen in Bayern“ des Hauses der bayerischen Geschichte[8] zeigt zwar, dass es Versuche in diese Richtung gibt, bzw. gab (vgl. z.B. die Arbeit Werner Meyers ab den 1960er Jahren, die jedoch an der „immensen Menge von Objekten scheiterte[9] und deren Ergebnis[10] bei weitem keine Konkurrenz zu etwa dem Tiroler Burgenbuch[11] darstellt) doch ein seriös-wissenschaftliches Gesamtwerk im Zeuneschen Sinne, ergänzt durch die heutigen Möglichkeiten des Digitalen, steht noch immer aus, denn auch wenn sich „der Forschungsstand um die bayerischen Burgen sich in den letzten beiden Jahrzehnten spürbar verbessert hat“ ist das Grundproblem nach wie vor aktuell: „eine flächendeckende Erfassung des Gesamtbestands an bayerischen Burgen sowie eine zusammenfassende wissenschaftliche Monographie fehlen.“[12] (2012)

Für ein umfassendes und fundiertes Werk ist Zusammenarbeit auf höherer Ebene und zwischen den Instanzen nötig. Dass diese offensichtlich noch nicht funktioniert, ist umso bedauerlicher, als dass es sowohl schon verwertbare Daten gibt, als natürlich auch, dass die Vielzahl an kulturhistorisch bedeutenden Objekten eine Aufarbeitung schon lange ‚verdient’ hat. Letztendlich kann der ‚Sache’ aber auch eine positive Seite abgewonnen werden, nämlich dass gerade in der bayerischen Burgenforschung, sowohl was den Objektbestand angeht, als auch – wie eben geschildert- dessen Bearbeitung, noch enormes Potential steckt.

 


 

[1]Zeune, Joachim: Mittelalterliche Burgen in Bayern. Eine Schreckensbilanz, in: Bayrischer Landesverein für Heimatpflege (Hg.): Schönere Heimat. Erbe und Auftrag, Jg 79, Nr. 3, München 1990, S. 143-154.

[2] Zeune, Joachim: Burgen in Bayern, in: Böhme, Horst Wolfgang (Hg.): Burgen der Salierzeit. Publikationen zur Ausstellung die „Salier und das Reich“ in Speyer 1991, Bd. 2: In den südlichen Landschaften des Reiches, S. 177 – 234.

[3] Bachmann, Christoph: Funktion, Typologie und Geschichte früher Adelsburgen in Altbayern, in: Kramer, Ferdinand; Störmer, Wilhelm (Hg.): Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben, München 2005, S. 729 – 748, hier S. 731.

[4] URL: http://geoportal.bayern.de/bayernatlas/ , letzter Zugriff: 1.12.2015.

[5] URL: http://www.gda.bayern.de/findmitteldatenbank/ , letzter Zugriff: 9.12.2015.

[6] Vortrag von Prof. Dr. Otto Volk im Rahmen des Arbeitstreffens „Aktuelle Forschungen zur Burgen, Schlössern und Herrensitzen in Hessen“ des Marburger Arbeitskreises für europäische Burgenforschung e.V. am 31.10.2015 in Marburg. Programm des Arbeitstreffens: http://www.burgen-forschung.de/aktuelles.html , Link zur Seite des Moduls: http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/index/sn/bg , letzter Zugriff jeweils: 9.12.2015.

[7] URL: http://www.imareal.sbg.ac.at/noe-burgen-online/ , letzter Zugriff: 1.12.2015.

[8] URL: http://www.hdbg.eu/burgen/burgen_das-projekt.php , letzter Zugriff: 1.12.2015

[9] Zeune, Burgen in Bayern, 1991, S. 179.

[10] Meyer, Werner: Burgen und Schlösser in Bayern, Frankfurt a. M. 1961.

[11]Trapp, Oswald Graf (Hg.): Tiroler Burgenbuch (Bd. 1-9), Bozen (u.a.) 1972 – 1982.

[12] Zeune, Joachim: Burgen, in: Historisches Lexikon Bayerns,

URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45231 (letzte Änderung: 25.1.2012), letzter Zugriff: 1.12.2015.

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