Vom 18. bis zum 21. Februar fand in Berlin die Tagung ‚Zeichen und Symbole. Kleidung zwischen Bild und Realie‚ statt. Veranstalter war die Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen ihres Exzellenzclusters ‚Bild Wissen Gestaltung. Ein interdisziplinäres Labor‘.
Zum Tagungsauftakt gab es nach der Begrüßung und einer Einführung von Horst Bredekamp und Philipp Zitzlsperger vom Exzellenzcluster einen wunderbaren Eröffnungsvortrag der emeritierten Professorin des Courtault Institute of Art Aileen Ribeiro, einer Koryphäe auf dem Gebiet der Kunst- und Kostümgeschichte. Sie machte darauf aufmerksam, dass trotz des Fortschritts der letzten Jahre, theoretische Forschungsgebiete (wie Untersuchungen zu Kleidung im Bild &Text) und Studien auf dem Gebiet der materiellen Kultur (wie Untersuchungen tatsächlich noch erhaltener Kleidungsstücke), noch deutlich mehr Brücken zwischen diesen beiden komplexen Forschungsfeldern nötig sind. Wichtig seien dabei nicht nur die Informationen, welche uns die erhaltenen Kleidungsstücke und Accessoires selbst geben können wie Details zum Stoff, die Herstellung, erhaltene Inventare und Dokumente, sondern vor allem auch ein Verständnis für die ‚Psychologie von Kleidung‘ – Fragen nach der Einstellung und Haltung zu Kleidung, wie und wieso sie am Körper getragen wurde, was sie über Persönlichkeit und Status aussagte und wie sie im weitesten Sinne auch die Gesellschaft ihrer Zeit reflektieren kann. Anschließend stellte Ribeiro einen spannenden Überblick über die verschiedenen Arten dar wie Künstler Kleidung gesehen und ‚gelesen‘ sowie manipuliert haben.
‚Clothes in art, even when altered or otherwise manipulated by the artist, when generalized or ‚historicized‘ with the aim of ‚timelessness‘, must always relate to real clothing; it’s impossible to forsee the future except in terms of the past and the present. What the historian must do is to accept and interpret the varying degrees of reality with which clothing is depicted in visual media, recognizing that it is art which gives the best context to our unterstanding of the history of dress.‘
(Ausschnitt aus dem Abstract Aileen Ribeiros zur Berliner Tagung).
Da es sich bei erhaltenen Kostümen und kostbaren Gemälden zum großen Teil um Stücke aus der Oberschicht oder dem Adel handelt, wurden besonders viele Themen aus diesem Kontext vorgestellt. Von der methodisch spannenden Untersuchung zur Kleidung mittelalterlicher Bildquellen (Leoni Heeger, Halle) über Männermode des 14. Jahrhunderts (Juliane von Fircks, Mainz), Textilien aus Tudor Portraits (Karen Hearn, London), verschiedenen Studien zu Luxusgesetzen der frühen Neuzeit (Giulia Galastro, Cambridge und Janine Jacob, Zürich), Osmanischen Kostümalben des 16. und 17. Jahrhunderts (William Kynan-Wilson, Aalborg Universitet) bis hin zu ‚Men in Black‘ aus französischen Gemälden der 1860-70er (Marcia Ponton, Manchester) war für jeden Geschmack etwas dabei.
Highlights unter den Vorträgen waren zum einen Johannes Pietschs Veranschaulichung der Methodik technologischer Kleidungsforschung anhand verschiedener Gewändern des 17. und 18. Jahrhunderts. Als Referent für Kleidung und Textilien am Bayerischen Nationalmuseum in München, Designer und promovierter Textilkonservator ist er wohl mehr als die meisten Anwesenden mit der Arbeit an der textilen Realie vertraut. Neben einem Plädoyer für die Wichtigkeit technologischer Forschung als Basis für weitergehende Fragestellungen innerhalb eines größeren Kontextes im Sinne Ribeiros, wünscht auch er sich eine intensivere interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung.
Weiteres absolutes Highlight war der Vortrag von Claire Rose, Dozentin an der Royal School of Needlework am Hampton Court Palace. Methodisch wunderbar durchdacht zeigte sie in ‚Textile and Texts – Sources for Studying 18th-Century Quilted Petticoats‘ am Beispiel sehr zahlreich erhaltener Petticoats mithilfe toller Quellen (Werbeblätter, Inventare, Gemälde, Kriminalakten des Old Bailey) wie wichtig und erkenntnisreich neben qualitativer auch quantitative Datenanalyse für die Kleidungsforschung sein kann.
Sara van Dijk, Junior Kostüm- und Textilkuratorin am Rijksmuseum in Amsterdam konzentrierte sich in ihrem Vortrag ‚Portrait of a Jewel. Bianca Maria Sforza’s Jewellery in Word an Image‘ auf den Bedeutungswandel in Bild und Text am Beispiel des Schmuckes der Sforza Tochter, die in die Habsburger Dynastie einheiratete. Im Gegensatz zu üblichen Praxis des Einschmelzens des aus der Mode gekommenen Schmucks und der Wiederverarbeitung des Materials, wurden Bianca Marias Schmuckstücke weiter vererbt wie Inventare aus österreichischen und Mailänder Archiven zeigen – und jeweils zu sich verändernden symbolischen Botschaften genutzt.
Zum Abschluss wurde angekündigt, dass es zur großen Tagung auf jeden Fall einen Tagungsband geben wird, auf den ich mich schon außerordentlich freue. Für alle Nachwuchswissenschaftler und vor allem Doktoranden, die sich mit Kleidung und Textilien der Frühen Neuzeit beschäftigen, hier noch der Hinweis zu einem interessanten Netzwerk, auf das Sara van Dijk aufmerksam machte:
Dressing the Early Modern Network
Im September dieses Jahres wird es eine Konferenz des Netzwerks geben, um Doktoranden dieses Gebietes zusammen zu bringen. Auf der Webseite mehr Informationen für Interessierte.
The Dressing The Early Modern Network Conference ‘The Economy of Dress and Textiles: Avenues of Trade, Production and Consumption in the Early Modern Period’ will be held on Thursday 15 September 2016 in Bologna. Deadline for submitting your abstract is 30 April 2016.